Headhunter by Jo Nesbo
Autor:Jo Nesbo
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2010-08-15T22:00:00+00:00
Ich fuhr das Auto rückwärts in die Scheune und hätte die Reifen im Dunkeln beinahe an den scharfen Stahlspitzen eines Siloblockschneiders aufgeschlitzt. Zum Glück war er an der Rückseite von Sindre Aas blauem Massey-Ferguson-Traktor befestigt und etwas angehoben, so dass er, statt gleich die Reifen zu durchbohren, über den Kofferraumdeckel kratzte und mich noch rechtzeitig warnte, bevor die Spitzen die Heckscheibe durchbohrten.
Ich parkte neben dem Traktor, nahm die Mappe und lief zur Hütte hinauf. Zum Glück war der Nadelwald so dicht, dass die Zweige nicht viele Regentropfen durchließen, daher waren meine Haare, als ich endlich in der Blockhütte war, noch überraschend trocken. Ich wollte Feuer im Kamin machen, ließ es dann aber bleiben. Wenn ich schon das Auto versteckte, war es nicht besonders klug, den Menschen über Rauchsignale zu verkünden, dass jemand in der Hütte war.
Erst jetzt spürte ich, wie hungrig ich war.
Ich hängte Oves Jeansjacke über einen Stuhl in der Küche, durchsuchte die Schränke und fand schließlich eine letzte Dose Labskaus von Oves und meinem vorigen Aufenthalt. In den Schubladen war weder Besteck noch Dosenöffner, aber es gelang mir, mit dem Lauf der Glock ein Loch in die Dose zu schlagen und den fettigen, salzigen Inhalt mit den Fingern herauszufischen.
Danach starrte ich in den Regen, der auf den Wald und den kleinen freien Platz zwischen der Hütte und dem Klohäuschen fiel. Ich ging ins Schlafzimmer, schob die Mappe mit dem Rubens unter die Matratze und legte mich auf das untere Bett, um nachzudenken. Ich kam nicht weit. Vermutlich wegen all des Adrenalins, das ich an diesem Tag produziert hatte. Als ich die Augen wieder öffnete, wurde mir klar, dass ich geschlafen haben musste. Ich blickte auf die Uhr. Vier Uhr nachmittags. Dem Display des Handys entnahm ich, dass ich acht unbeantwortete Anrufe hatte. Vier von Diana, die vermutlich die besorgte Ehefrau spielen und mich fragen wollte, wo in Gottes Namen ich steckte - während Greve sich über ihre Schulter beugte. Drei von Ferdinand, der wohl auf meine Anstellungsempfehlung wartete oder wenigstens auf Instruktionen, wie er sich Pathfinder gegenüber verhalten sollte. Eine Nummer erkannte ich nicht sofort wieder, weil ich sie von der Adressliste gelöscht hatte. Aber nicht aus dem Gedächtnis oder meinem Herzen. Und während ich auf die Nummer starrte, wurde mir bewusst, dass ich - der ich im Laufe meiner mehr als dreißig Jahre auf dieser Erde genug Studienkameraden, Ex-Freundinnen, Kollegen und Geschäftsfreunde zusammengetragen hatte, um ein Netzwerk zu haben, das im Outlook mehr als zwei Megabyte einnahm - nur einen einzigen Menschen hatte, dem ich vertraute. Eine Frau, die ich streng genommen bloß drei Wochen kannte. Na ja, die ich drei Wochen gebumst hatte. Eine wortkarge Dänin mit braunen Augen, die sich wie eine Vogelscheuche anzog und deren Vorname gerade einmal fünf Buchstaben hatte. Ich weiß nicht, wer von uns der tragischere Fall war.
Ich rief die Auslandsauskunft an und ließ mir eine Nummer geben. Die meisten Telefonzentralen in Norwegen sind nachmittags um vier Uhr bereits geschlossen, die Angestellten sind dann schon zu Hause bei ihrem kranken Ehepartner,
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